WTC-Umbau in Brüssel von 51N4E, Jaspers-Eyers und l’AUC
In den späten 60ern träumte Brüssel von einem modernen Büroviertel – monofunktional, hochhausdominiert, autogerecht. Kernstück sollten die acht Türme eines World Trade Centers werden. Gebaut wurden davon zwei – so wie überhaupt der gesamte Stadtteil, für den damals ein altes Brüsseler Viertel abgerissen wurde, nie die Verheißungen erfüllte, auch wenn eigentlich stetig weitergebaut wurde. Heute bestimmt diesen Weiterbau allerdings, dass die ersten Gebäude funktional wie technisch längst ihr Ende erreicht haben. Zum spannendsten Projekt avanciert dabei, wiederum, das (ehemalige) World Trade Center.
Nach mehreren Jahren der Zwischennutzung, u.a. durch Künstler und kulturelle Gruppen sowie in Teilen als Flüchtlingsunterkunft, wird mit „ZIN in No(o)rd“ ein Umbau des WTC realisiert, der exemplarisch für die anvisierte Wende des Stadtteils unterschiedliche urbane Funktionen verbinden soll. Auf insgesamt rund 115.000 Quadratmetern werden Büros (für einen Teil der flämischen Administration) weiterhin dominieren, hinzu aber treten Wohnungen, ein Hotel, ein Sportzentrum, Ladenlokale. Das Planerteam von 51N4E, Jaspers-Eyers und l’AUC bewahrt die beiden alten Erschließungskerne, errichtet die Ebenen rundum neu und verbindet sie durch ein eingefügtes Element mit doppelten Geschosshöhen. Die neuen Funktionen werden dabei nicht fein säuberlich getrennt, sondern etwa Wohnen und Büros abwechselnd auf die Geschosse verteilt. Vorgesehen ist eine semiöffentliche Dachterrasse, die für alle Gebäudenutzer zugänglich sein und auch ein Restaurant für das Hotel umfassen soll. Weitere Räume, wie ein großer Wintergarten auf Straßenniveau, stehen auch der Öffentlichkeit offen, während die Robustheit des Entwurfs künftig Anpassungen an andere funktionale Anforderungen zulässt. Generell zielt das Projekt darauf, die weiten und bisher abweisenden Stadträume rund um die Bauten durch ein Ausstrahlen der neuen Funktionen attraktiver zu machen. Ein wichtiges Kriterium des Entwurfs ist zudem Re-Use, wobei der Bestand, soweit nicht asbestverseucht, als Material Bank behandelt wird und die nicht vor Ort nutzbaren Teile dem Materialkreislauf zugeführt werden.
Mit seinem typologischen Wandel hat das Gebäude, das 2024/25 fertiggestellt sein soll, bereits zur wachsenden Aufmerksamkeit rund um städtebauliche Maßnahmen im Nordviertel beigetragen, mit öffentlichen Diskussion unter Beteiligung unterschiedlicher Gruppen. Dass die besondere Dynamik der informellen Zwischennutzung, zu deren Akteuren auch die Architekten von 51N4E zählten, nicht bewahrt blieb, stellt in diesem Kontext eine versäumte Chance dar. Gleichzeitig war die Wunde des städtebaulichen Desasters in den 70ern nie wirklich verheilt; die neuen Pläne sind, zusammen mit weiteren zu erwartenden Projekten rundum im Zuge der heutigen Um- bzw. Entnutzung von Büroraum, wichtiger erster Schritt, um hier mittelfristig wirkliche Urbanität zu kreieren.